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Gestalte Deinen Stromverbrauch nachhaltig

Als zweiten Beitrag unserer kleinen Reihe über nachhaltiges Denken und Handeln möchte ich mich heute mit meinem Stromverbrauch auseinandersetzen. Eigentlich ist das recht einfach – es gibt hunderte, wenn nicht sogar tausende von Büchern und Webseiten, die praktikable Tipps zur Senkung des Stromverbrauchs im Haushalt. Trotzdem ist jedes Jahr die Stromrechnung höher – und das liegt nicht nur am ständig steigenden Verbrauchspreis pro Kilowattstunde, sondern eben auch an der Anzahl der kWh, die jedes Jahr mehr auf dem Zähler stehen. Irgendwie ist das wie ein Kampf gegen Windmühlen. Aber woran liegt das?

Der Kampf gegen den Stromverbrauch ist ein Kampf gegen den Lebensstandard

Elektrizität ist in unserer modernen Gesellschaft erstens nicht wegzudenken, zweitens praktisch unbegrenzt verfügbar und drittens universell einsetzbar. Während die Einsatzmöglichkeiten z.B. von Dampfmaschinen, der Schlüsseltechnologie für die erste industrielle Revolution Ende des 18. Jahrhunderts, noch recht begrenzt waren, erwies sich die Elektrizität recht schnell als universelle Quelle zur Erzeugung von Licht, Wärme und mechanischer Arbeit sowie zum Speicher- und Übertragungsmedium von vielerlei Informationen – von der Tonerzeugung über das bewegte Bild bis hin zur Antriebskraft für alle digitalen Maschinen schlechthin.

Wenn ich mich im Haushalt umsehe, entdecke ich kaum noch Gegenstände, die nicht am Stromnetz hängen oder von einer Batterie versorgt werden. Das beginnt bei essenziellen Maschinen wie dem Kühlschrank, dem Backofen und der Waschmaschine, und es endet bei Luxusartikeln wie dem elektrischen Rasenmähroboter, der „Ambient Light“ Beleuchtung im Wohnzimmer und der elektrischen Heizung des Toilettensitzes. Dieser endlose Strom immer neuer elektrischer Verbraucher folgt letzten Endes dem ewigen Kreislauf von Innovation, steigendem Lebensstandard, anhaltendem Wirtschaftswachstum und damit fortlaufend steigenden Ansprüchen, die dann wieder zu Innovationen führen.

Dagegen will und kann ich nicht grundsätzlich ankämpfen. Aber ich kann mich bei jeder einzelnen Anschaffung bewusst für oder gegen die elektrische Luxusvariante entscheiden. Ein paar Beispiele:

  • man kann sich morgens mit elektrischer Zahnbürste und elektrischem Trocken- oder Nassrasierer pflegen – oder man kann auf die rein mechanischen Vorgänger zurückgreifen, die man nach wie vor kaufen kann und die trotz gegenteiliger Werbebotschaften ihren Zweck ebenso gut erfüllen wie die akku- oder batteriebetriebenen Geräte der neuesten Generation.
  • ergonomisch macht im Home Office (und natürlich auch in der Firma) ein höhenverstellbarer Schreibtisch Sinn. Die gibt es in elektrischer Variante ebenso wie mit mechanischer Kurbel – das mechanische Modell hat zudem den Vorteil, dass man jedes Mal, wenn man es verstellt, ein kleines bisschen Bewegung bekommt.
  • der moderne Rasenmähroboter macht absolut Sinn, wenn ich wie mein Nachbar ein Grundstück mit 1000 Quadratmeter Garten mein Eigen nenne. Wohne ich aber in einer der typischen Handtuchparzellen im Neubaugebiet, dann kann ich dem Impuls, es ebenso gut haben zu wollen wie mein Nachbar, eventuell widerstehen und mir einen einfachen handbetriebenen Mäher anschaffen – oder sogar eine Sense, das hat schon fast Kultcharakter.

Alles Kleinkram im Vergleich zum Stromverbrauch von Waschmaschine und Kühlschrank? Stimmt. Aber im Haushalt steht üblicherweise nur eine Waschmaschine und ein Kühlschrank, aber Dutzende, wenn nicht sogar Hunderte elektrischer Luxusartikel. Das läppert sich. Und es geht auch gar nicht darum, sich komplett von Strom zu verabschieden – sondern es geht um die 10% oder vielleicht 20%, die eigentlich nicht sein müssten.

Die Sehnsucht nach der guten alten Zeit, als beispielsweise in Autos noch mehr Mechanik als Elektronik und Software verbaut waren, ist ja heutzutage schon wieder „hip“. Zum Management des heimischen Stromverbrauchs kann man sie sinnvoll nutzen und – Obacht, Schleichwerbung – sich beispielsweise bei großen Anbietern wie Manufactum nach nostalgischen Alternativen umschauen.

Es gibt keine Ausrede mehr gegen den Ökostrom

Klar, eigentlich ist das mit dem Strom so wie mit dem Wasser – ist halt da und kommt aus der Leitung, wenn ich es brauche. Warum soll ich mir Gedanken darüber machen, wo es herkommt?

Der wesentliche Unterschied ist: während das Wasser auf jeden Fall von der örtlichen allgemeinen Wasserversorgung stammt (sofern ich auf meiner Handtuchparzelle keinen eigenen Brunnen habe), habe ich beim Strom die Wahl – es gibt zahllose Anbieter mit unterschiedlichsten Tarifen, Rabattmodellen und Angebotsbündeln aus Energie-, Telefon- und Internetversorgung.

Es ist bequem, solche Bündelangebote zu nutzen und sich dann nicht mehr drum zu kümmern. Heutzutage ist ein Wechsel aber ebenso bequem möglich, denn praktisch jeder Anbieter ist auf Neukundensuche und erleichtert mir den Umstieg mit Willkommensrabatten, einem Ummeldeservice, vergünstigten Elektrogeräten und vielem mehr.

Es gibt wohl tatsächlich noch Menschen, die glauben, dass der Wechsel des Stromlieferanten verbunden wäre mit aufwändigen Handwerkerarbeiten im oder vor dem Haus. Nein: es müssen weder neue Kabel gezogen werden noch Sicherungen oder Zähler ausgetauscht. Ich bleibe einfach bei meinem örtlichen Netzbetreiber (das ist der mit den Kabeln und dem Zähler) und melde den Anschluss auf einen anderen Stromanbieter (das ist der, der dann die Rechnung schickt) um.

Ich muss auch keine Angst haben, dass ich ohne Strom dastehe, wenn bei meinem Stromlieferanten mal die Windräder stillstehen oder er wegen des harten Wettbewerbs Insolvenz anmelden muss. Die Kilowattstunden werden ja nicht bei meinem Lieferanten für mich produziert, markiert und in den Tausenden von Kilometern Kabel auf die Reise zu mir geschickt – Strom ist Strom. Meine Entscheidung für einen bestimmten Anbieter hat lediglich zur Folge, dass sich der Anteil des Kuchens, den dieser Anbieter für die gesamte Energiemenge im Europäischen Stromverbundsystem produziert, um ein winziges Krümelchen erhöht. Und wenn er doch Pleite geht, falle ich eben in die „Grundversorgung“ zurück und schaue mich in aller Ruhe nach einem neuen Anbieter um.

Neben der Seriosität des Stromlieferanten als Unternehmen ist noch wichtig, ob der von ihm angepriesene „Ökostrom“ denn wirklich umweltfreundlich produziert wird. Da der Begriff nicht geschützt ist, schaue ich mich gezielt nach einem Anbieter um, der mit einem seriösen Gütesiegel zertifiziert ist. Nach einiger Recherche im Internet entscheide ich mich, nach Anbietern mit dem Siegel von ok-power oder Grüner Strom zu suchen. Beide garantieren, dass das Stromerzeugungsunternehmen nicht an Kohle- oder Atomkraftwerken beteiligt ist und dass der produzierte Strom zu 100% aus regenerativen Energiequellen stammt.

Ökostrom ist ja so teuer? Naja, ich schaue mal genau hin:

  • Strom ist eigentlich ziemlich günstig und wird auch immer günstiger. Was den Preis pro kWh ständig erhöht ist die EEG-Umlage, die zur Finanzierung der Energiewende in Deutschland dient. Und die zahle ich sowohl auf Öko- wie auch auf ganz normalen Strom.
  • Wenn ich auf die verschiedenen Tarife eines Anbieters schaue, sehe ich meistens nur noch einen minimalen Unterschied zwischen den Preisen für Öko- und Normalstrom im Bereich weniger Zehntelcent pro kWh. Übers Jahr sind das vielleicht 100 – 200 EUR, wenn ich viel Strom verbrauche. Und mal ehrlich – haben wir uns nicht gerade noch über den Sinn von Anschaffungen wie Roboter-Rasenmäher unterhalten? Sollte es allen Ernstes notwendig sein, einen Hunderter Stromkosten zu sparen, um ein solches Gerät anschaffen zu können? Das ist meines Erachtens genauso widersinnig wie seine Steaks günstigst beim Discounter zu kaufen und sie dann auf den 2000 EUR teuren Luxusgasgrill zu werfen.

Investieren – aber sinnvoll

Weiter oben schrieb ich über das Streben nach Einfachheit und den bewussten Verzicht auf elektrische und elektronische Luxusartikel. Nun bin ich selbst ein Mensch, der es genießt, hochwertige Elektronik anzuschaffen, damit herumzuspielen und mir das Leben damit interessanter zu gestalten. Bedeutet Stromsparen denn nun automatisch Verzicht?

Ich glaube nicht. Es gibt genug Möglichkeiten, mein Geld in Hightech zu stecken und dabei zumindest das Potenzial für die Senkung meines Stromverbrauchs zu erschließen:

  • Auch heute noch sinnvoll ist beispielsweise die Anschaffung von Photovoltaik- und teilweise auch Stromspeichertechnologie. Während man früher eine – damals noch wirklich teure – PV-Anlage auf das Dach setzte, um Strom zu attraktiven Preisen ins Netz einzuspeisen, ist heute der Antrieb – bei deutlich niedrigeren Anschaffungspreisen – hauptsächlich, den erzeugten Strom selbst zu verbrauchen. Wenn man die Anlagengröße und -ausrichtung geschickt wählt und (eventuell – zumindest lohnt sich das Nachrechnen) mit einer (derzeit noch sehr teuren) Speicherlösung ergänzt, dann kann sich diese Investition in 8-10 Jahren wieder einspielen und „verdient“ danach bares Geld. Und mit den Steuerungsparametern der PV-Anlage kann man wunderbar spielen und sich über die von den Anlagen produzierten Auswertungen freuen.
  • Außerdem kann es sinnvoll sein, sich über eine Nachrüstlösung für eine Heimautomatisierung Gedanken zu machen. Durch die intelligente Steuerung von Beleuchtung, Heizung und großen Stromverbrauchern wie z.B. der Waschmaschine lässt sich eine Menge sparen, wenn man gewillt ist, Zeit und Hirnschmalz zu investieren.
  • Die Königsklasse ist die Kombination aus beidem, vielleicht noch in Kombination mit einem Elektro-PKW. Die Stromproduktion durch die PV-Anlage, die Speicherung durch den PV-Speicher und die Aktivierung der großen Verbraucher optimal miteinander zu verschränken, das ist schon hohe Heim-Ingenieurskunst – aber eben auch für manche ein Mordsspaß!

Thomas R.

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