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Eine unerwartete Begegnung

Es ist Januar. Das Jahr 2020 liegt hinter mir und 2021 hat begonnen. Die Zeit zwischen den Jahren, lässt mich inne halten. Ich richte den Blick zurück, und erkenne Höhen und Tiefen des alten Jahres. Danach kommt der Blick nach vorne. Was wird das neue Jahr bringen? Ich seufze, denn es geht weiter mit Corona. Wie soll ich denn da Pläne schmieden? Corona wird mir vielleicht einen Strich durch die Rechnung machen. Entmutigt und unzufrieden möchte ich schon fast wieder aufgeben.

Da kommt mir ein Abend des vergangenen Jahres in den Sinn, an dem wir uns in einer Gruppe über Frauen und Frauenbilder in der Bibel austauschten. Jede von uns hatte sich eine Frau ausgesucht, die sie besonders beeindruckt hat und die ihr Mut und Kraft gibt.

Schnell hole ich meine Bibel hervor und erinnere mich an das Gespräch zu meiner Frauengestalt. Das macht mir Mut und lässt mich zuversichtlich auf das neue Jahr Blicken, weil ich weiß, woher meine Kraft kommt!

Den Bibeltext und das Gespräch möchte ich gerne mit dir teilen:

9Paulus sah eine Erscheinung bei Nacht: Ein Mann aus Mazedonien stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! 10Als er aber die Erscheinung gesehen hatte, da suchten wir sogleich nach Mazedonien zu reisen, gewiss, dass uns Gott dahin berufen hatte, ihnen das Evangelium zu predigen.

11Da fuhren wir von Troas ab und kamen geradewegs nach Samothrake, am nächsten Tag nach Neapolis 12und von da nach Philippi, das ist eine Stadt des ersten Bezirks von Mazedonien, eine römische Kolonie. Wir blieben aber einige Tage in dieser Stadt .[…]

13Am Sabbattag gingen wir hinaus vor die Stadt an den Fluss, wo wir dachten, dass man zu beten pflegte, und wir setzten uns und redeten mit den Frauen, die dort zusammenkamen. 14Und eine gottesfürchtige Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu; der tat der Herr das Herz auf, sodass sie darauf Acht hatte, was von Paulus geredet wurde. 15Als sie aber mit ihrem Hause getauft war, bat sie uns und sprach: Wenn ihr anerkennt, dass ich an den Herrn glaube, so kommt in mein Haus und bleibt da. Und sie nötigte uns. (Apostelgeschichte 16, 19-15)

Tine: Warum hast du dir das Ereignis der „Bekehrung von der Lydia“ ausgesucht?

Steffi: Lydia ist vielen bekannt als die erste Christin Europas. Das hat mich neugierig gemacht, ihre Biographie kennenzulernen. Um die Bedeutung des Bibeltextes zu verstehen, habe ich mir erst einmal ein Bild von der geschichtlichen Situation gemacht. Paulus und seine Weggefährten waren auf ihrer zweiten Missionsreise dem Ruf nach Mazedonien gefolgt und machten Halt in Philippi. In einer neuen Stadt ging Paulus meist geradewegs in die Synagoge, um dort die Leiter der jüdischen Gemeinde zu treffen. Da es in Philippi jedoch nicht das erforderliche Minimum von 10 Männern zur Gemeindegründung gab, hoffte Paulus am Fluss gottesfürchtige Menschen anzutreffen. Juden trafen sich damals wegen jüdischer Reinigungsrituale und auch, um gemeinsam zu beten am Fluss. So auch an diesem Tag als Lydia, eine wohlhabende Purpurhändlerin aus Thyatira, einer Stadt in Kleinasien, die in Philippi Handel betrieb, am Fluss vor der Stadt war. Paulus und seine Begleiter trafen auf eine Gruppe betender und gottesfürchtiger Frauen, setzten sich dazu und kamen mit ihnen ins Gespräch.

Tine: Was war denn nun das Besondere an dieser Situation? 

Steffi: Da gibt es schon einige Besonderheiten! Mir fallen zwei besonders auf. Zum einen redeten jüdische Männer nach traditioneller, jüdischer Sitte nur mit ihren Ehefrauen und Verwandten. Fremde Frauen sprachen sie selten an. Sie taten also dasselbe wie Jesus, der ebenfalls auf die eine oder andere Frau zugegangen ist, um mit ihr über den Glauben zu reden. Die Frauen müssen selber ziemlich erstaunt darüber gewesen sein, als sie angesprochen wurden. Zum anderen sehe ich Lydia. Sie war eine Frau mit Wurzeln in Kleinasien, einer Kultur in der der Glaube an mehrere Götter gelebt wurde. Aber Lydia war eine Suchende, die sich in Philippi gottesfürchtig dem einen Gott zuwandte an den die Juden glaubten. Als sie nun auf Paulus traf, der das Evangelium predigte, tat ihr der Herr das Herz auf. So steht es in der Bibel. 

Tine Das hat dich beindruckt?

Steffi: Ja, sehr! Das Evangelium –  der Weg Jesu, die Wahrheit – trafen auf ein offenes Herz und so konnte etwas Neues in Lydia entstehen. Sie nahm Jesus in ihr Leben auf, folgte ihm nach, teilte die gute Nachricht mit allen, die in ihrem Haus lebten und arbeiteten, so dass sie sich taufen ließen. Sie öffnete von nun an ihr Haus für alle Christen und gläubige Menschen, die offen für das Evangelium waren. Noch etwas beeindruckt mich. Lydia war eine Suchende. Offensichtlich reichte ihr beruflicher Erfolg, den sie als Frau in der damaligen Zeit genoss, nicht aus, um ihr Herz zu erfüllen. Erst als Paulus von Jesus sprach, der das tun konnte, öffnete sie ihr Herz.

Tine: Was bedeutet das für dich?

Steffi: Ich war in meinem Leben auch immer eine Suchende, obwohl ich im Glauben aufgewachsen bin und gläubig war. Trotzdem hat immer etwas gefehlt. Ich habe so viel – auch in meinem Glaubensleben in Frage gestellt und gesucht. Erst als ich Jesus wirklich in mein Herz gelassen habe, habe ich Ruhe gefunden.

Tine: Können wir alle etwas von Lydia lernen?

Steffi: Ich bin ja nur eine Laiin und habe nicht Theologie studiert. Aber ich würde sagen, das ist das Geheimnis des Glaubens, dass wir unser Herz für Jesus öffnen – dem der spricht „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Keiner kommt zum Vater denn durch mich.“ Dann kann unser Herz Ruhe finden, so wie es Augustinus sagt: „Unsere Herzen sind unruhig, bis sie Ruhe finden in Gott.“

(Steffi)