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Alltag zu Zeiten von Corona

In den vergangenen Wochen schweifte mein Blick immer wieder zu einem kleinen Kärtchen mit folgendem Vers aus dem Psalm 27: Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen!“ (Psalm 27,1). Das in einer Zeit, in der Mut und Mutlosigkeit nahe beieinander liegt. Eine Zeit in der ich mal hochmotiviert bin, aber auch müde und ausgelaugt. Ich merke, wie ich Angst habe vor einem Virus, der nicht greifbar ist. Das ist der Moment in dem mich Gott durch diesen Vers anstubst! Er ist bei mir! Er möchte mir neuen Mut zusprechen und meinen Krafttank aufzufüllen!

Die Zeit des Coronavirus und die daraus resultierenden Einschränkungen unserer Bewegungsfreiheit und sozialen Kontakte verlangte in den vergangenen 13 Wochen von jedem Einzelnen viel ab. Meine persönlichen Einstellungen und Gefühle schwanken zwischen dem motivierenden Gedanken „Wir schaffen das!“ und einem „Ich schmeiß hier alles hin“ Gefühl, wenn mir die Puste ausgeht.

Nun, da die Einschränkungen nach und nach gelockert werden, möchte ich auf die vergangenen Wochen zurückblicken.

Es gibt vieles was mich ziemlich genervt hat in den letzten Wochen. Dazu gehört das Verbot Gottesdienste zu feiern, keine Sportgruppen besuchen zu dürfen und überhaupt auf Gruppenangebote zu verzichten. Lange Zeit habe ich Familienangehörige und Freunde nicht gesehen. Die Vereinbarkeit von Lernen zu Hause mit den Kindern, Arbeiten von zu Hause und Haushalt schmeißen waren nicht immer einfach. Auch die Motivation, den Alltag gut zu strukturieren ließ irgendwann nach. Manchmal haben wir uns auch als Familie angenervt.

Bestimmt gibt es noch etliche Kleinigkeiten mehr, aber ich habe während dieser Zeit auch etliche  positive Erfahrungen gemacht.

Während die Wochen vor den Einschränkungen durchgetaktet waren mit Terminen und Freizeitaktivitäten konnte ich regelrecht zusehen, wie mein Terminkalender innerhalb weniger Tage leer wurde. Plötzlich hatte ich viel mehr freie Zeit und konnte seit langem mal wieder durchatmen. Die Momente zusammen mit meiner Familie wurden mehr und intensiver. Da nun alle Familienmitglieder von zu Hause arbeiteten, erlebten wir viel gemeinsame Zeit zusammen, bei gemeinsamen Mahlzeiten, Spaziergängen, Gesprächen, Spielen, Lern- und Arbeitsunterstützung, Lagerfeuerabenden. Auch die Geschwisterbeziehung meiner Kinder wurde gestärkt, weil sie sich intensiver miteinander beschäftigten als zuvor. Zudem habe ich neue Formen des Arbeitens kennengelernt und gemerkt, wie die Bereitschaft sich auf Neues einzulassen auch in meinem Umfeld gestiegen ist. Wir haben alte und neue Wege der Kommunikation aufleben lassen: ein Telefonat mit Menschen, von denen ich länger nichts gehört habe, ein Brief an Bekannte oder ein Freundinnenabend über Videochat. Gottesdienste habe ich auf meiner Terrasse oder im Wonzimmer über Video gefeiert.

Das ist eine Bilanz aus meinem Horizont. Wenn ich weiterblicke sehe ich natürlich deutlich mehr. Durch den Austausch mit anderen weiß ich, dass jeder von uns diese Zeit anders wahrnimmt.  All die Kollateralschäden, die die Krise mit sich bringt: Fehlende Kinderbetreuung, Gewalt, Missbrauch in vielen Familien, Existenzängste und Arbeitslosigkeit, psychische Probleme, gesundheitliche Probleme, eine riesen Wirtschaftskrise und so vieles mehr. 

Dennoch auch hier gibt es positive Auswirkungen: Solidarität, die unter Menschen entsteht, wenn sie sich gegenseitig unterstützen; Kreativität im Umgang mit der Krise und ihren Folgen; eine Natur, die sich vom Raubbau durch den Menschen erholt; Familien, die durch intensive Zeit zusammenwachsen können; Zeit, die wir durch einen Wegfall von zusätzlichen Terminen haben und auch hier noch einiges mehr.

Für mich fühlt sich diese Zeit an, wie eine Schiffsfahrt auf großer weiter See. Manchmal befinde ich mich in ruhigem Gewässer, schippere vor mich hin, genieße die Aussicht, den blauen Himmel und die Ruhe. Wann anders kann ich das Steuer nicht fest genug halten, um halbwegs geradlinig voranzukommen, weil Wellen, Stürme und Strudel so wild auf mein Schiff einwirken und ich es mit der Angst zu tun bekomme. Wie gut, wenn ich dann einen Leuchtturm sehe, der mir den Weg zeigt und Orientierung und Sicherheit gibt. Der Song „My Lighthouse“ der Band Rend Collective hat mich intensiv durch diese Zeit begleitet. Er hat mich immer wieder dazu aufgemuntert meinen Blick auf Jesus zu richten. Gerade dann, wenn ich mich hilflos, überfordert oder auch einfach leer fühlte in den vergangenen Wochen, hat mir der Blick auf Jesus Kraft gegeben. Er gibt mir Gewissheit, dass ich nicht alleine unterwegs bin in dieser Zeit. Ich nehme wahr, welche Stärke Glaube auch während der Einschränkung unserer persönlichen Freiheit hat. Gemeinden bieten Gottesdienste, Hauskreise oder Jungendgruppen über Video an. Auch wenn Kirchen und Gemeindehäuser lange für Gottesdienste geschlossen waren, so waren und sind sie dennoch teilweise geöffnet, um ein Ort für Stille vor Gott und Gebet zu sein. Impulse unterschiedlicher Art, nährten in den vergangenen Wochen meinen Glauben und erinnerten mich immer wieder daran, dass Gott allgegenwärtig ist. Mit Nachbarn und Freundinnen komme ich ins Gespräch über Glauben und Gebet. Wir ermutigen uns gegenseitig! Es entstanden Gebetsketten zu verschiedenen Zeiten. Das ganz einfache Läuten der Glocken erinnert zum Innehalten während der Arbeit und im Alltag, um mit Gott zu reden.

Mit dem Blick auf Jesus, gewinne ich Ruhe, Kraft, Hoffnung und Zuversicht in diesen Zeiten, in denen ich das Gefühl habe, mein bisheriges Leben wird aus den Angeln gehoben und auf den Kopf gestellt. Jesus erinnert mich daran, dass ich einen himmlischen Vater habe, der mich, im Blick hat und die Kraft meines Lebens ist und dass ich auch dieser Zeit keine Angst haben muss.

Steffi